„Knöpfe drücken“ in der Paarbeziehung

Jeder, der in einer Beziehung lebt, kennt das wohl: Irgendeine Kleinigkeit geschieht, eine Handlung des anderen, die einen nervt, eine unbedachte gut gemeinte Äußerung, und schon ist dicke Luft, der Punk geht ab, man könnte aus der Haut fahren. Es fühlt sich an, als wäre alles zu Ende, nein, mit diesem Menschen kann man es nicht eine Minute länger aushalten…

Das ist mit „Knöpfe drücken“ gemeint. Irgendeine zunächst harmlose Sache eskaliert und holt unsere unangenehmsten Emotionen hoch. Die bisherige Liebe verwandelt sich in die Angriffslust eines waidwunden Tieres.

Beim Familienstellen wird deutlich, dass Schwierigkeiten, die in einer Paarbeziehung auftreten, meist wenig mit dem guten Willen der beiden Partner zu tun haben, sondern von einer tiefer liegenden Dynamik bestimmt werden, die eine zufriedenstellende Beziehung behindern. Unbewusst wird beim Partner etwas gesucht, was im eigenen Familiensystem fehlte und fehlt.

Was ist es, was das eigene Bemühen oft dem Scheitern nahe bringt? Und was hilft uns dann, unsere Paarbeziehung zu „entstricken“, damit wir uns klarer und freier begegnen können? Die Antwort ist: Einsicht hilft. Einsicht in die Zusammenhänge.

Da gibt es verschiedene Dynamiken, die wirksam sind; das muss man sich im jeweiligen Fall ganz konkret anschauen. Zunächst einmal ist die Paarbeziehung diejenige Beziehung, in der uns unsere Themen am deutlichsten oder am dringendsten präsentiert werden. Der Partner/die Partnerin “drückt uns unsere Knöpfe”.

Die Ursachen für Schwierigkeiten in der Beziehung können ganz unterschiedlich sein. So wie wir Beziehung gelernt haben, leben wir sie auch. Und wo haben wir gelernt? Bei unseren Eltern.

Die Mutterbeziehung ist die grundlegende Beziehung, in der wir lernen, Vertrauen ins Leben zu entwickeln – dass wir geborgen sind, dass wir versorgt und genährt werden, dass unser So-Sein schon genügt, um geliebt zu werden; dass das Leben uns trägt. Oft ist diese Beziehung belastet durch Ereignisse im Familiensystem. Dass also die Mutter nicht voll da sein kann, weil sie innerlich auf Ereignisse im System schaut.

Ein Beispiel: Wenn die Mutter der Mutter früh verstorben ist, als die Mutter noch ein Kind war, dann wird sie, wenn sie auf ihren Sohn oder ihre Tochter schaut, dort immer ihre Mutter suchen. Sie sucht also dann bei ihrem Kind etwas, was ihr in ihrer Mutter-Kind-Beziehung gefehlt hat. Damit ist ihr Kind natürlich überfordert; es wächst in das Gefühl hinein, dass etwas nicht stimmt, dass es nicht genügen kann, dass es nicht gesehen wird. Viele haben dieses Gefühl: Ich möchte endlich mal gesehen werden. Das ist eigentlich das Gefühl der Mutter gegenüber. Das überträgt sich dann oft auf die Partnerbeziehung, dass dieses Kindergefühl da ist: Der Partner soll mich sehen und soll meine Wunde heilen. Das ist die häufigste Dynamik auf der Mutterseite.

Ähnlich kann es auch auf der Vaterseite sein. Es gibt aber auch eine zweite Möglichkeit, die besonders auf der Vaterseite sich zeigt: Dass eine frühere Partnerin des Vaters ausgeklammert ist, nicht gewürdigt als “erste Frau”, und dass diese deshalb von einem Kind vertreten wird. Man sieht das in den Aufstellungen oft daran, dass zwischen Vater und Tochter eine erotische Beziehung besteht, die die Eltern-Kind-Beziehung überlagert und unmöglich macht. Das gibt es auch auf der Mutterseite, es zeigt sich aber öfter beim Vater. Die Lösung ist, dass die ausgeklammerte Person wieder in den Blick kommt, dass die Liebe gewürdigt wird, dass aber auch die enttäuschten Gefühle, die daraus resultierende Wut und der Groll da sein dürfen. Der früheren Partnerin/dem Partner muss der entsprechende Platz eingeräumt werden, z.B. vom Vater: “Du bist meine erste Frau; schade dass es nicht gehalten hat mit uns. Ich gebe dir jetzt einen Platz in meinem Herzen”. Auf diese Weise wird das Kind frei von der Verstrickung und kann sich heute als erwachsener Mensch seinem Partner bzw. seiner Partnerin voll zuwenden.

Das sind die zwei Haupt-Dynamiken in der Paarbeziehung. Mit diesen Verstrickungen ist die Beziehung belastet und es entstehen immer wieder Konflikte und Forderungen an den Partner. Wenn die Verstrickungen geheilt sind, das heisst wenn die Überlagerungen erkannt sind und gewürdigt, dann wird es möglich, sich mit dem Partner zusammen auf das gemeinsame Leben auszurichten.

„Knöpfe“, die gedrückt werden, wird es vielleicht auch weiterhin geben, aber die Reaktionen werden besonnener sein, man erkennt, daß etwas Altes wirkt und es wird schneller zu Lösungen kommen.

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