Beim Familienstellen unterscheiden wir zwischen dem vordergründigen und dem entzogenen Bereich. Wenn wir jetzt praktisch Aufstellungen für unsere Klienten anleiten, beheimaten wir uns im entzogenen Bereich. Was bedeutet das für die praktische Arbeit?
- Der Fokus der Wahrnehmung liegt in der bezeugenden Wahrnehmung / entzogener Bereich. Normalerweise ist die Wahrnehmung auf die Welt ausgerichtet. Auf das, was uns gefällt und was wir haben möchten. Und auf das, was uns Angst bereitet und das wir vermeiden möchten. Wir sind beschäftigt die Welt in unsere „Likes“ und „Dislikes“ einzuteilen. Oft sind wir dann nicht mehr in der Lage, uns differenziert wahrzunehmen und gut für uns zu sorgen.
- Beim geistigen Familienstellen ziehen wir die Wahrnehmungsorgane von der Welt und ihren erstrebenswerten bzw. zu vermeidenden Objekten zurück (Pratyahara). Wir richten uns auf den Geist, auf das bezeugende Bewusstsein aus. Unsere innere Haltung wird neutral und objektiv.
- Vordergründiger Bereich: Bewegungen der Stellvertreter im Feld, Körperhaltungen, Gesten, Emotionen, Prozesse der Verarbeitung des Aufstellungsgeschehens, Sprache, Lösungssätze, Rituale, etc. Sie werden bezeugend wahrgenommen. Ohne, dass der Aufstellungsleiter ins Lösungsgeschehen eingreift und verändert.
- Bezeugende Wahrnehmung: Geist, Bewusstsein. Das Aufstellungsgeschehen ist von Bewusstsein abhängig. Ansonsten versinken die Bewegungen in einer Beliebigkeit und Bedeutungslosigkeit. Die bezeugende Wahrnehmung ist identisch mit dem ungetrennten, formlosen Ich oder der erwachten Perspektive.
- Fokussiertheit / Singlepointedness: bezeichnen wir das Vermögen die Aufmerksamkeit über einen längeren Zeitraum zu fokussieren. In den Yogaschriften bezeichnen wir diese Qualität als Singlepointedness.
- Aus der bezeugenden Wahrnehmung, verbunden mit der Fokussiertheit, eröffnet sich ein gegenwärtiger Raum. Dieser ist nicht durch persönliche Wertvorstellungen begrenzt.
- Die universellen Ordnungen, also die Ordnungen der Liebe in Beziehungen, zeigen sich in diesem Raum auf eine natürliche Weise und nehmen Bezug zum jeweiligen Aufstellungsgeschehen.
- Die jeweiligen geistigen Bewegungen können sich absichtslos entfalten und die Ordnung kann wieder hergestellt werden.
- Die Aufmerksamkeit des Aufstellungsleiters ruht im bezeugenden Bewusstsein. Er hält den Raum, ist fokussiert, neutral, objektiv und überprüft die Stellvertreterbewegungen im Feld. Bewegungen der Seele sollten unterbrochen werden, da sie sonst die Aufstellung in die falsche Richtung führen.
- Die Aufstellung entwickelt sich jenseits alltäglicher Normen. Es gibt kein richtig oder falsch, gut oder schlecht, keine Schuld oder Unschuld. Wir müssen von unserem alltäglichen Verstand Abstand nehmen und uns in eine Objektivität hinein entwickeln.
- Die Ichhaftigkeit löst sich im Aufstellungsgeschehen. Wir erkennen, dass ein getrenntes Ich nicht existiert. Der Aufstellungsleiter lässt sich vom Feld führen, so wie wir uns im Alltag führen lassen.
- Die Stellvertreterbewegungen sind Teil einer größeren intelligenten Ordnung, die kreativ ist und sich aus einer Gegenwärtigkeit intelligent und liebend manifestiert. Im Aufstellungsgeschehen gibt es zwei Sichtweisen, die wir klar unterscheiden sollten.Das Veränderliche im Unveränderlichen
Das Unveränderliche ist der Rahmen für die Aufstellung. Sie läuft darin ab. Meistens nehmen wir das Unveränderliche nicht wahr. Es existiert vor der Aufstellung, während der Aufstellung und nach der Aufstellung. Es ist das, was das Veränderliche, also die Aufstellung, sichtbar macht. Das Unveränderliche bleibt. Das Veränderliche kommt und geht, eingebettet in das Unveränderliche.Das Unveränderliche im Veränderlichen
Aufstellungen sind subtil und es findet ständig eine Veränderung statt. Die Stellvertreterbewegungen im Raum, sie laufen, stehen still, legen sich hin, verändern Körperhaltungen, Gesten, Gefühle, Gedanken, Wahrnehmungen von Schwere, Kälte oder Hitze, etc. Der innere Prozess, der Lösungsprozess ändert sich. Traumata werden sichtbar und entladen sich, Verletzungen ebenfalls, die Ordnungen werden wieder hergestellt. Diese Veränderungen sind vom Unveränderlichen durchdrungen. Die Basis des Veränderlichen ist das Unveränderliche.