Verstrickungsdynamiken

Verstrickungsdynamiken (Ordnungen der Liebe)

Was ist eine Verstrickung und wie wirkt sie?

Verstrickung bedeutet, daß Ereignisse aus der Vergangenheit noch in der Gegenwart wirken. Die Wirkung kann sich darin zeigen, daß ein Nachkomme in seinem Leben zunächst unerklärliche Symptome entwickelt. Oder Verhaltensmuster, die immer wieder zum Scheitern führen. Sei es in Beziehungen, im Beruf, auf gesundheitlicher Ebene. Verstrickungen wirken auf einer unbewussten Ebene und sind deshalb im Alltag nicht zu erkennen. Das Familienstellen ist hier ein einmaliges Mittel, diese Verstrickungen sichtbar zu machen. Damit die Vergangenheit ruhen darf und die Gegenwart ihre Möglichkeiten frei entfalten kann.

Hier findest du die wesentlichen Dynamiken „verstrickter Liebe“:

Verstrickungsdynamiken 1: Die Ausgeklammerten und ihre Vertretung

Manchmal werden Personen im Familiensystem ausgeklammert bzw. „vergessen“. Dies geschieht in der Regel, wenn der Tod dieser Person sehr schmerzhaft war und nicht verarbeitet werden konnte, oder wenn die Familie sich ihrer schämte oder wütend auf sie war.

Beispiel 1: Der Vater eines Klienten bringt sich um, als dieser ein Kind war. Die Mutter klammert den Vater mit seinem Schicksal aus; er darf nicht mehr in der Familie erwähnt werden.

Der Klient beginnt den toten Vater „heimlich“ zu lieben. Er nimmt den Platz des Vaters „als Ehemann der Mutter“ ein. Er vertritt ihn als der Mann der Mutter. 

Beispiel 2: In diesem Beispiel geht es um eine Großmutter, deren Sohn und dessen Tochter, hier Großmutter, Vater und Tochter genannt. Die Großmutter verstirbt bei der Geburt des Vaters. Der Vater fühlt sich für den Tod seiner Mutter verantwortlich; Schuldgefühle plagen ihn. Dadurch kann er nicht trauern. Die Tochter vertritt die ausgeklammerte Grossmutter. „Lieber Papa, ich erinnere dich an deine liebe Mama.“

Wenn eine Person ausgeklammert wurde, springen nachfolgende Generationen ein und vertreten diese.

Verstrickungsdynamiken 2: Die Nachahmung

Der Vater einer Klientin ist Alkoholiker. Seine Frau verlässt ihn und nimmt das Kind, die Klientin, mit. Sie darf ihren Vater fortan nicht mehr lieben. Nachdem die Klientin erwachsen ist, fängt sie selbst zu trinken an. Sie erkennt in der Aufstellung: „Ich mache es wie Du, lieber Papa, ich trinke. Ich liebe und achte Dich mit meinem Trinken.“ 

Alkoholismus (Schulden machen, etc.) entsteht aus einer tiefen Liebe zu einer vorangegangenen Person, die nicht geachtet ist.

Verstrickungsdynamiken 3: Die Nachfolge

Die Mutter wird krank und stirbt an Krebs. Die Tochter wird später ebenfalls krebskrank. Hier ist die Dynamik: „Ich folge Dir nach“. Es ist eine Nachfolge mit tödlichem Ausgang.

Es ist wesentlich, die Todesnähe zu benennen und den innerlichen Sog im System sichtbar zu machen. Nachfolge wirkt wie ein süchtiges Verhalten. Als Aufstellungsleiter können wir dies benennen: “Hier kann man nichts machen!“ Und die Todesnähe sichtbar machen. Dadurch ist manchmal eine Umkehr möglich.

Verstrickungsdynamiken 4: Die Stellvertretung

Die Mutter will sich umbringen. Das Kind sagt: Ich mache es für Dich, liebe Mama. Anstelle von Dir bringe ich mich um. Oder, anstelle von dir werde ich krank.

Verstrickungsdynamiken 5: Das Helfen und Gutmachen

Die Frau zieht unter großer Entbehrung ihre vier Kinder groß. Der Vater der Kinder ist früh gestorben. Sie haben oft nichts zu essen und es fehlt an vielem.

Der älteste Sohn sagt sich innerlich: „Liebe Mama, wenn ich groß bin, mache ich alles für Dich.“ „Liebe Mama, du brauchst dann nichts mehr auf dich nehmen“. „Ich mache es wieder gut, was du heute vermisst.“ Es wird versucht, Leid und Entbehrung später wieder gut zu machen. Das Kind macht es aber dann nicht für sich. Es tut es für die Mutter.

Der Mutter helfen zu wollen ist eine Anmaßung. Die Lösung ist zu sagen: „Ich lasse dein Schicksal bei Dir“. „Ich achte Dein Schicksal, liebe Mama“.

Verstrickungsdynamiken 6: Das Erschrecken und Grauen (ein Ereignis betreffend)

Der Opa einer Klientin war als Soldat in Stalingrad. Er hat miterlebt wie viele seiner Kameraden erschossen wurden und starben. Viele Jahre hat er in Kriegsgefangenschaft in einem Lager verbracht. Die Enkelin erinnert an ihren Opa. Unter „den Toten“ fühlt sie sich zu Hause. Ihre Seele ist versteinert. Sie zittert am ganzen Leib. Sie erinnert an die Panik und Todesangst in der Kriegsgefangenschaft des Großvaters. Nachts kann sie nicht schlafen. Sie hungert und friert. Sie verweigert das Essen und wird magersüchtig. In der Panik, Todesangst und in der Verweigerung des Essens ist sie dem Opa nah.

Hier werden lebensbedrohliche Traumata von Generation zu Generation weitergegeben.

Verstrickungsdynamiken 7: Der gerechte Ausgleich

Der Klient verliert sein Vermögen. Nach einer Weile erholt er sich von den Verlusten. Es geht finanziell wieder bergauf, nach einer Weile verliert er jedoch erneut seinen Besitz. Es scheint, als dürfte er kein Geld behalten. Sein Urgroßvater hatte im Auftrag der Nazi Juden enteignet. Dabei hat er für sich privat etwas abgezweigt und ist so zu einem beträchtlichen Vermögen gekommen.

Der Klient sagt innerlich zu den enteigneten Juden: „Euch ist alles genommen worden und so gebe ich auch alles“. „Ihr durftet nichts behalten. So will ich auch nichts behalten“. „Ich mache es für meinen Opa wieder gut“.

Verstrickungsdynamiken 8: Das Anhaften der Toten

Eine Klientin spricht von einem Geist, der angeblich an ihr haftet. Der Geist verfolge sie auf Schritt und Tritt.  Wenn sie sich nicht um den Geist kümmert, wird er aufdringlich, frech und aggressiv. Die Eltern der Klientin hatten sich vor ihrer Geburt getrennt. Sie hat ihren inzwischen verstorbenen Vater nie kennen gelernt.

Der lösende Satz: „Du bist mein lieber Papa. Von Dir kommt das Leben. Ich liebe und achte dich, auch wir uns nie kennengelernt und gesehen haben.“

Der Vater wollte gesehen werden. Tote haften an uns, wenn der Ausgleich fehlt. Wenn ihnen ein „Bitte“ oder ein „Danke“ fehlt.

(Diesen Text als PDF downloaden)

Zu den lösenden Sätzen hier klicken.

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